Statistische Methoden

Zur Darstellung des Umweltzustandes sind beobachtbare Sachverhalte zu beschreiben. Dabei bedient man sich der empirischen Wissenschaften, die beobachtbare (das heißt empirische) Sachverhalte (Ereignisse) beschreiben und erklären. Dies erfolgt in einer Weise, die intersubjektiv nachprüfbar ist.

Das bedeutet, dass die Aussagen über einen Sachverhalte, die von einer Wissenschaftlerin/einem Wissenschaftler gemacht werden, von einer/einem anderen, die über den gleichen Kenntnisstand, die gleichen Informationen und die gleichen Hilfsmittel verfügen, nachvollzogen, überprüft, kritisiert und gegebenenfalls auch als falsch zurückgewiesen werden können.

Die beobachtbaren Sachverhalte werden in einzelne Untersuchungselemente oder Gruppen von Untersuchungselementen unterteilt. Je nach Fragestellung können Untersuchungselemente Menschen, Tiere, Gewässer, Staaten, Planungsregionen und ähnliches sein.

Für empirische Untersuchungen ist es erforderlich, den Merkmalsausprägungen Eigenschaften zuzuschreiben, welche als Ausprägungen von Variablen aufgefasst werden können.

Deskriptive - Analytische Statistik

Bei der Analyse von Daten (Werten einer Variablen) kann man zwei Gruppen von Fragestellungen unterscheiden:

Deskriptive Statistik: In der ersten Gruppe wird nach der Verteilung der Variablenwerte innerhalb einer Grundgesamtheit gesucht. Die Grundgesamtheit ist die Menge aller Untersuchungselemente, für die eine Aussage gemacht werden soll. Es geht demnach auch darum, eine Grundgesamtheit zu charakterisieren, indem beispielsweise ein Durchschnittswert berechnet wird. Die Aufgabe der deskriptiven Statistik besteht in der Beschreibung der Daten.

Analytische Statistik: Die zweite Gruppe von Fragestellungen sucht nach Begründungen für die beobachtete Verteilung der Variablen und wird daher als analytische Statistik bezeichnet.

Beide Teile stehen dabei nicht isoliert nebeneinander, sondern sie werden bei empirischen Untersuchungen häufig in der Form kombiniert, dass gewonnene Daten im ersten Durchgang beschrieben werden und danach versucht wird, Zusammenhänge zwischen den Variablen zu finden.

Uni-, bi- und multivariate Statistik

Die große Anzahl statistischer Methoden lässt sich auf unterschiedliche Art und Weise klassifizieren. Ein Ansatz ist die Einteilung der Methoden in Abhängigkeit von der Anzahl der betrachteten Variablen in uni-, bi- und multivariate Statistik.

univariate Statistik - betrachtet nur eine Variable. Im Vordergrund des Interesses steht dabei häufig die Verteilung der Variablen (z. B. Durchschnittswerte).

bivariate Statistik - untersucht die Verteilung von zwei Variablen gleichzeitig. Dabei wird z. B. die Art und Stärke des Zusammenhangs zwischen den Variablen oder der Einfluss der einen Variablen auf die andere untersucht (z. B. Wachstumsrate).

multivariate Statistik - untersucht den Zusammenhang zwischen mehr als zwei Variablen. Erst die Einbeziehung mehrerer Variablen ermöglicht die "statistische Erklärung" einer Variablen, denn die Variation einer Variablen ist häufig nicht ausreichend mithilfe einer zweiten Variablen erklärbar (z. B. ist Luftfeuchtigkeit nicht nur von der Lufttemperatur abhängig).

Für konkrete empirische Situationen ist es fast immer sinnvoll, mehr als zwei Variablen einzubeziehen, d. h. eine multivariate Analyse durchzuführen.

Ein weiterer Ansatz zur Klassifizierung der statistischen Methoden ist die Einteilung in verschiedene Typen von Fragestellungen. Im Folgenden werden vier Typen unterschieden:

  1. Analyse der Beziehungen zwischen Variablen
  2. Analyse abstrakter Größen
  3. Typisierungs- und Regionalisierungsverfahren
  4. Analyse stochastischer (Zufallsexperimente, Wahrscheinlichkeit) Abhängigkeiten.

Analyse der Beziehungen zwischen Variablen

Bei der Analyse der Beziehungen zwischen mehreren Variablen kann man drei verschiedene Fälle unterschieden:

  1. Es existieren eine abhängige und mehrere sich gegenseitig nicht beeinflussende unabhängige Variablen.
  2. Es existieren eine abhängige und mehrere sich gegenseitig beeinflussende, unabhängige Variablen.
  3. Die Variablen können nicht in abhängige und unabhängige unterschieden werden.

Analyse abstrakter Größen

In den "Raumwissenschaften" sollen häufig nicht nur einzelne Variablen ausgewertet werden, sondern komplexe Begriffe ("Kontinentalität" des Klimas) sollen analysiert werden. Abstrakte Sachverhalte (Siedlungsstruktur, Zentralität von Orten) sollen zum einen messbar gemacht werden, indem sie auf beobachtbare Variablen zurückgeführt werden, und zum anderen durch möglichst wenig Variablen gut repräsentiert werden.

Allgemein handelt es sich hier um Fragestellungen, bei denen die Beziehung zwischen einer Menge von Variablen (direkt beobachtbaren Größen) und einer Menge von nicht direkt beobachtbaren komplexen Größen untersucht werden soll. Die Analyse dieser komplexen Größen, auch Hauptkomponenten oder Faktoren genannt, erfolgt mit der Hauptkomponenten- oder Faktorenanalyse.

Typisierungs- und Regionalisierungsverfahren

Bei der Aufgabe, Beobachtungseinheiten (Raumeinheiten; wie z. B siedlungsstrukturelle Typen) aufgrund bestimmter Eigenschaften zu klassifizieren, kann man die Clusteranalyse einsetzen. Bei der Klassifikation von Raumeinheiten werden Einheiten zusammengefasst, die eine ähnliche Ausprägung in Bezug auf eine oder mehrere Variablen haben. Nach der Durchführung dieser Analyse wird jede Raumeinheit genau einem Typen zugeordnet, d. h. es gibt keine Überschneidung bei den Typen.

Schwellenwerte

Eine der einfachsten Methoden zur Klassifikation von Raumeinheiten ist der Einsatz von Schwellenwerten. Die Schwellenwertmethode setzt allerdings voraus, dass theoretisch plausible oder aus der "Erfahrung" gewonnene Schwellenwerte und nur wenige Variablen mit einer deutlich strukturierten Verteilung vorliegen. Wenn diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, muss statt der Schwellenwertmethode ein formales Verfahren zum Einsatz kommen, wie die Clusteranalyse. Demgegenüber überprüft die Diskriminanzanalyse das Ergebnis der Clusteranalyse. Beide Analysemethoden werden im Folgenden beschrieben:

Clusteranalyse

Für die Durchführung dieser Methode gibt es mehrere Varianten. Eine davon ist die schrittweise Erzeugung von Clustern. Dazu werden im ersten Schritt die beiden Raumeinheiten identifiziert, die das größte Ähnlichkeitsmaß (bzw. die geringste Distanz) besitzen. Diese beiden Raumeinheiten bilden den ersten Cluster. Mit Hilfe des Ähnlichkeitsmaßes werden schrittweise Raumeinheiten zu Clustern und Cluster mit zwei Elementen zu größeren Clustern zusammengefasst. Mit jedem Schritt wächst der Grad der Generalisierung bzw. des Informationsverlusts. Das Ergebnis einer Clusteranalyse hängt stark von der Variablenauswahl ab. Deshalb sollte die Auswahl der Variablen sorgfältig auf den Zweck abgestimmt werden. Die Clusteranalyse versucht, eine große Anzahl von Raumeinheiten zu klassifizieren und Raumtypen zu bilden.

Diskriminanzanalyse

Demgegenüber ist es Aufgabe der Diskriminanzanalyse zu untersuchen, ob vorhandene Gruppierungen verbesserungswürdig sind, welcher Gruppe man ein neues Objekt zuordnen muss, dessen Gruppenzugehörigkeit nicht bekannt ist (Erklärung von Gruppenunterschiede). Die Cluster- und die Diskriminanzanalyse stehen demnach in einem komplementären Verhältnis. Die erste dient der Klassifizierung bzw. Typisierung und die zweite Methode überprüft das Ergebnis.

Quelle

Fürst, Dietrich & Scholles, Frank (Hrsg.) (2008): Handbuch Theorien und Methoden der Raum- und Umweltplanung, 3. Auflage, Dortmund.